NEWS // Fanabteilung

Zurück

Donnerstag 10.03.2022

Offener Brief an die Entsandten des DFB-Bundestages

Fanabteilungen aus Braunschweig und Osnabrück äußern sich

Neben den öffentlichen ausgetragenen Personaldebatten rund um den am Freitag, den 11. März 2022 anstehenden DFB-Bundestag in Bonn haben wir mit Sorge und Unbehagen wahrgenommen, dass viele der Satzungsänderungsanträge der verschiedenen Antragsteller der DFB- und DFL- Gremien unserer Einschätzung nach  in eine falsche Richtung zeigen und demokratische Vereinsstrukturen abbauen werden.

Mit diesem Brief möchten wir, Fans und Vereinsvertreter*innen von Eintracht Braunschweig und des VfL Osnabrück, Ihnen unsere Bedenken erläutern und gleichzeitig an Sie appellieren, im Sinne eines demokratischen Grundgedankens beim DFB-Bundestag abzustimmen.

Unsere Erwartungen/Forderungen:

-          Keine Erhöhung der Geldstrafen aufgrund Zuschauerverhalten

-          Beibehaltung des Vergütungsausschusses

-        Erhalt der demokratischen Struktur

-        Erhalt der Möglichkeit regelmäßiger Entlastungen

-        Aufbau einer unabhängig arbeitenden Ethik-Kommission

Viele Anträge zielen auf die Stärkung des Präsidentenamtes ab. Es gibt Anträge zur Richtlinienkompetenz, zur Ernennung des Generalsekretärs durch das Präsidium auf Vorschlag des Präsidenten ohne die (bisher nötige) Bestätigung des Bundestages und die Berechtigung, an allen Sitzungen der Gremien des DFB und dessen Tochtergesellschaften teilnehmen zu dürfen. Außerdem wird beantragt, dass der/die Präsident*in Einsicht in Sitzungsunterlagen der Regionalverbände nehmen kann. Darüber hinaus soll der/die Präsident*in bei Meinungsverschiedenheiten im Präsidium das Entscheidungsrecht erhalten.

Natürlich kann dies sowohl nach innen als auch nach außen eine positive Wirkung ausstrahlen; die Kompetenz und Handlungsfähigkeit des Präsidenten werden unterstrichen. Jedoch wird dadurch auch der Machtverlust der Mitglieder-Basis, ein Abbau von demokratischen Strukturen und Mitbestimmungsrechten deutlich, die in unseren Augen die Essenz mitgliedergeführter Vereine bilden. Wenn diese Werte an Bedeutung verlieren, sendet das gerade jetzt ein falsches Signal aus.

Ein weiterer Punkt, der uns irritiert, ist der Änderungswunsch der turnusmäßigen Entlastung des Präsidiums und des Vorstandes. Diese sollen nur noch bei Neuwahlen (also ab 2025 alle vier Jahre) erfolgen, jedoch soll der DFB-Bundestag ab 2025 alle zwei Jahre stattfinden. Eine Entlastung als solche ist schon für zwei Jahre Amtszeit eine schwierige Bewertung. Sie soll auch nicht zulasten oder zugunsten etwaiger kurzfristiger Wahrnehmungen oder einen Bundestag überlagernde Diskussionen  gefällt werden, die den Mitgliedern ggfs. eher im Gedächtnis bleiben. Eine Entlastung über vier Jahre zu bewerten, halten wir für schwierig. In der Begründung lässt sich keine Erklärung für diese Änderung finden, was bei uns auch die Frage der Notwendigkeit aufwirft.

Die größten Bauchschmerzen bereiten uns jedoch die Anträge zur Abschaffung des Vergütungs- und Beratungsausschusses, zur Änderung der Arbeitsweise der Ethikkommission sowie der Erhöhung der Geldstrafen für Vereine durch den DFB-Kontrollausschuss von bisher max. 250.000 Euro auf zwei Millionen Euro.

Zum Ersten: Der Vergütungs- und Beratungsausschuss wurde erst unter Fritz Keller eingeführt. Unter anderem auch, weil die internen Querelen und öffentlich gewordenen Durchsuchungen beim DFB aufgrund von Straftatvorwürfen zu einem massiven Ansehen- und Vertrauensverlust bei Fans, Öffentlichkeit, Gesellschaft und eigenen Mitgliedern geführt haben. Der DFB  wollte durch die Einführung des Vergütungsausschusses Vertrauen wieder gewinnen, indem die Aufwandsentschädigungen der im Ehrenamt ausgeführten Tätigkeiten transparent und öffentlich dargelegt wurden. Beantragt wird nun jedoch wieder ein System, welches wir jetzt schon kritisch sehen. Da die den Vergütungsausschuss zu ersetzende Finanzordnung selbst existiert noch nicht und soll ebenfalls am Freitag auf dem Bundestag ad hoc beschlossen werden – per Dringlichkeitsantrag. Der Inhalt und die Verfasser*innen dieser neuen Finanzordnung sind der Öffentlichkeit, den Fans und selbst teilweise den eigenen Mitgliedervereinen nicht bekannt.

Gerade unter dem Gesichtspunkt, dass der DFB den Imageverlust der vergangenen Jahre noch nicht wieder ausgleichen konnte, finden wir eine derartige Rolle rückwärts seltsam und in Zeiten, in denen in der Wirtschaft und in seriösen Unternehmen das Stichwort good governance zum Alltag gehört, fragwürdig.

Zum Zweiten: Unwohl fühlen wir uns auch in Bezug auf die eingereichten Anträge für die Ethikkommission. Für uns lesen sie sich wie eine Eingrenzung der Zuständigkeit und der Befugnisse und damit einhergehend einer Entmachtung. Einen faden Beigeschmack bekommt das Ganze, wenn man sich die Untersuchungen der Ethik-Kommission in den letzten Jahren genauer ansieht, die sich zumeist gegen den DFB bzw. beim DFB agierende Personen richteten. Es folgte ein personeller Austausch durch eine dubiose Wahl, die die Rücktritte der bestehenden Kommission nach sich zog und von Fans und Öffentlichkeit kritisch begleitet wurden. Wir können uns des Eindrucks nicht entziehen, dass nun formell nachgezogen wird.

Zum Dritten: Hier möchten wir uns deutlich gegen eine Erhöhung der Geldstrafen aussprechen, die nicht nur der zu Beginn der Pandemie angekündigten Demut im Fußball zuwiderläuft, sondern, ähnlich wie die Einstellung des Spielbetriebes von nur ein paar Wochen, auch die wirtschaftliche Existenz der Vereine angreift, wenn diese derart hohe Summen zahlen soll(t)en.

Zur angeführten Begründung, es solle eine Lücke geschlossen werden zwischen der bisherigen Höhe von 250.000 Euro und den möglichen finanziellen Auswirkungen eines Spieles ohne Zuschauer im

Stadion bringen wir folgende Gegenargumente ein: Egal, wie hoch die Strafe aufgrund von Fehlverhalten von Zuschauern ausfällt, hat auch die erhöhte Geldstrafe keinen präventiven Nutzen.

Zur Umgehung von Kollektivstrafen soll nun eine Erhöhung der möglichen Strafgelder als vermeintliches Regulativ eingeführt werden. Ist das ein verhältnismäßiger Umgang mit seinen Mitgliedern?

Eine weitere Begründung ist die Angleichung der Strafen von FIFA und UEFA, die weitaus höher sein sollen als beim DFB. Dies haben wir recherchiert und es ist faktisch falsch. Die Höchststrafe der UEFA-Sanktionen, die öffentlich einsehbar sind, belaufen sich auf max. 18.000 Euro und liegen somit weit unter der Höchstmarke des DFB von 250.000 Euro.

Auch die Begründung, der Antrag stütze sich auf das BGH-Urteil, welches besagt, dass Geldstrafen

präventiven Charakter haben, können wir nicht nachvollziehen, da wir keinen logischen Zusammenhang zwischen dem Präventivcharakter der Geldstrafe für den Verein und der Höhe der Geldstrafe finden können. Außerdem fragen wir uns, warum die Erhöhung der Geldstrafe nur bei Zuschauerfehlverhalten erfolgen soll, nicht jedoch etwa bei Verstößen des Financial Fairplays oder bei den Lizenzierungsauflagen. Auch die Höchststrafe für Spieler, die momentan bei 100.000 Euro liegt, wird nicht erhöht.

Wir werden gespannt die Abstimmungen zu den von uns genannten Punkten am Freitag im Livestream verfolgen und würden uns freuen, wenn Sie sich ebenfalls kritisch mit den Punkten würden.

Sportliche Grüße

Fanabteilung des BTSV Eintracht von 1895 e.V.

Fanabteilung VfL Osnabrück mit Unterstützung des Präsidiums des VfL Osnabrück

 

Die Satzungsänderungen zum DFB-Bundestag finden sich hier: https://www.dfb.de/verbandsstruktur/bundestag/download-unterlagen/

Unser offener Brief richtet sich insbesondere gegen folgende Anträge:

1.       Satzungsänderungs-Antrag Nr. 2 vom DFB Präsidium wie auch Antrag Nr. 20 von DFL, betreffend § 33 Präsidium DFB-Satzung

2.       Satzungsänderungs-Antrag Nr. 4, betreffend § 33 Präsidium DBF-Satzung Streichung des Vergütungs- und Beratungsausschusses

3.       Satzungsänderungs-Antrag Nr. 11 betreffend § 25 DFB Satzung, Tagesordnung Nr. 7

4.        Satzungsänderungs-Antrag Nr. 18 betreffend §34 DFB Satzung: Aufgaben

5.        Satzungsänderungs-Antrag Nr. 25 vom DFB-Kontrollausschuss betreffend § 44 Nr. 2c DFB-Satzung Erhöhung Geldstrafen

6.       Satzungsänderungs-Antrag Nr. 28 sowie Antrag Nr. 41 beide vom DFB-Präsidium betreffend § 46a DFB-Satzung und §§ 5 und 16 sowie Einführung Teil B der DFB Rechts- und Verfahrensordnung, Ethik-Kommission

nach oben